Bischof Scheuer: „Der Sonntag ist ein Tag der Ruhe“

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Arbeiterkammer, Diözese Linz, Gute Arbeit veröffentlicht.

Im Jänner hat der neue katholische Diözesanbischof Manfred Scheuer sein Amt übernommen. Dem AK-Report sagte er, was er von der Sonntagsöffnung hält, wie er sich den Umgang mit Flüchtlingen wünscht und warum er kein wehrhafter Christ ist.

AK-Report: Herr Bischof, Sie sind ja Oberösterreicher aus Haibach ob der Donau, waren aber zwölf Jahre lang Diözesanbischof von Innsbruck. Haben Sie sich schon wieder eingewöhnt?

Scheuer: Vor Tirol, wo ich wirklich Wurzeln geschlagen habe, war ich acht Jahre lang in Deutschland. Jetzt bin ich sehr gerne da, aber das Eingewöhnen braucht natürlich Zeit. Nicht zuletzt, weil ich wegen meiner Aufgabe ein Wandervogel bin: in der Diözese ebenso wie bundesweit und international. Kürzlich habe ich für neun Tage die traditionsreiche Kirche in Äthiopien besucht.

AK-Report: Auch in Oberösterreich wird immer wieder versucht, den arbeitsfreien Sonntag auszuhöhlen. Würde das unserer Gesellschaft gut tun?

Scheuer: Der Sonntag ist ein Tag der Ruhe, der Gemeinschaft, der Ausrichtung auf Gott. Gäbe es diesen Freiraum des Zweckfreien nicht, würden wir gesellschaftlich massiv unter Druck geraten. Arbeit ist eine wichtige Säule der Identität, aber sie kann nicht alles sein. Es braucht gemeinsame Zeit für Familie, Freunde und Vereine. Wer am Sonntag unbedingt notwendige Arbeit leisten muss, hat es schwer und verdient den Dank der Gesellschaft.

AK-Report: Sie haben ganz wesentlich an der Seligsprechung des NS-Gegners Franz Jägerstätter mitgewirkt. Was antworten Sie jenen, die nicht mehr an die NS-Verbrechen erinnert werden, sondern einen „Schlussstrich“ ziehen wollen?

Scheuer: Das Vergessen ist der Marsch in die Barbarei, sagt der -Philosoph Theodor Adorno. Wir brauchen die Erinnerung an das Leid der Opfer, die Namen und Gesichter hatten, für unsere Mitmenschlichkeit. Zu einer Barbarei wie dem Nationalsozialismus darf es nie mehr kommen.

AK-Report: Auch in unserem Land gibt es viele, die Flüchtlinge ablehnen. Das wird zu politischen Zwecken geschürt und geht bis zum offenen Hass. Wie ist Ihr Standpunkt?

Scheuer: Fremdes macht oft Angst, und Angst kann blind machen. Aber da kommen Menschen in großer Not. Es ist unsere humanitäre und christliche Pflicht, ihnen in Würde zu begegnen und sie nicht als Feinde anzusehen. Das Menschenrecht auf Asyl darf nicht verhandelt werden. Wir müssen uns aber auch für gerechte Verhältnisse in den Herkunftsländern einsetzen, damit die Fluchtursachen überwunden werden – ob es nun um Krieg oder Armut geht.

AK-Report: Flüchtlingen in Oberösterreich wurde die Mindestsicherung von 914 Euro monatlich auf höchstens 520 Euro gekürzt. Kann man damit menschenwürdig leben?

Scheuer: Die Kürzung der Mindestsicherung als Strategie, um Flüchtlinge abzuhalten, finde ich nicht sinnvoll. Entscheidend ist, dass Menschen nicht ins Elend getrieben werden.

AK-Report: Zum wiederholten Mal wurde das Bettelverbot verschärft. Warum bekämpft eine sehr wohlhabende Gesellschaft wie die unsere die Armen statt der Armut?

Scheuer: Es ist unverständlich, denn die Bettler haben sich ihre Lage ja nicht ausgesucht. In unserer Gesellschaft sollen auch jene sichtbar bleiben, die uns zeigen, was für ein Glück wir haben, hier geboren zu sein. Natürlich verstört uns, wenn mit kleinen Kindern gebettelt wird. Notwendig ist aber konkrete Hilfe, wie sie etwa die Caritas leistet – auch in Ländern wie Rumänien, von wo viele Bettler kommen. Es geht um Menschen. Die Armen wegzudrängen, löst nichts.

AK-Report: Gerade im Zusammenhang mit dem Islam wird manchmal der Begriff „wehrhaftes Christentum“ verwendet. Wie stehen Sie dazu?

Scheuer: Wirklich -christlich ist die Verwundbarkeit, nicht die Wehrhaftigkeit, nicht die Sicherungsmentalität.

robert.eiter@akooe.at

» Die Kürzung der Mindestsicherung als Strategie, um Flüchtlinge abzuhalten, finde ich nicht sinnvoll. «

Quelle: Arbeiterkammer OÖ

 

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