Europäischer Dialog der Böckler Stiftung zu Wohlstand und Ungleichheit

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Gesellschaftspolitik, Gewerkschaftsinfo veröffentlicht.

Eröffnungsrede von Starökonom Paul Krugman

Die Hans Böckler Stiftung lud vergangene Woche wieder zum alljährlichen „Europäischen Dialog“. In zahlreichen Workshops und Vorträgen wurde das Thema der  wachsenden Ungleichheit von prominenten Vertretern aus Gewerkschaft, Politik und Wissenschaft besprochen.  Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman eröffnete vor mehreren hundert TeilnehmerInnen mit dem Vortag „Ungleichheit und Krise“. Krugman räumte mit der häufig geäußerten Behauptung auf, dass Umverteilungsmaßnahmen wie z.B. Vermögenssteuern das Wachstum schädigen würden. Dafür gäbe es keinerlei empirische Belege.
Umverteilung muss aktiv Vorangetrieben werden

In einer  kurzen historischen Abhandlung verwies Krugman auf das extreme Wohlstandsgefälle zu Anfang des 20. Jahrhunderts. Die Entspannung  nach dem zweiten Weltkrieg sei kein bloßer Zufall gewesen, sondern war bis in die späten 1970er Jahre aktiv von der Politik vorangetrieben worden. Inzwischen hat die Ungleichverteilung wieder das Niveau der 1920er Jahre erreicht. Darin sieht Krugman auch eine der möglichen Ursachen für Wirtschaftskrisen. Die häufige Erklärung, dies bloß auf einen Einbruch der Nachfrage infolge sinkender mittlerer und niedriger Einkommen zurückzuführen, greife zu kurz. Krugman hob die steigende Privatverschuldung als wichtigen Faktor hervor, die einen beinahe deckungsgleichen Verlauf wie das Einkommensgefälle vorweist. Seit Beginn der 1980er Jahre stieg die private Verschuldung vor allem in Amerika rapide an. Hier zeige sich, wie die Nachfrage künstlich und kreditfinanziert hochgehalten wurde.

Weitreichende Folgen der Krise

Ein besonderes Augenmerk in Krugmans Vortrag erhielt das Zusammenspiel von ökonomischer Ungleichheit und Politik. Die steigenden Einkommensunterschiede würden zu einer Polarisierung der politischen Lager führen. Dies zeige sich insbesondere in den Vereinigten Staaten, aber auch in Europa reüssierten extremistische Parteien. Die Finanzkrise von 2008 sei das Resultat einer Politik, die die Lehren der 1930er Jahre vergessen habe. Ein derartiges Versagen der Finanzmärkte wäre unter den starken Regulierungsmaßnahmen der 1970er Jahre nicht möglich gewesen.  Die wirtschaftstheoretischen Modelle des britischen Ökonomen John Maynard Keynes hätten weiterhin Bestand. In Krisenzeiten müsse die Nachfrage von öffentlicher Hand gestützt werden um den Krisenverlauf nicht durch Sparmaßnahmen zu verschärfen.

Kritik an der Krisenpolitik der Europäischen Union

Die Europäische Kommission hat laut Krugman in der Krise eindeutig auf die falschen Rezepte gesetzt. Auch der nun vorgelegten Investitionsplan sei substanzlos und gehe nicht weit genug. Trotzdem gab sich Krugman insgesamt optimistisch. Lohnsenkungen und ein Abbau von Standards seien keine zwangsläufige Folge der Globalisierung. Er plädierte für eine schrittweise, lösungsorientierte Politik. Durchschlagskräftige Einzelmaßnahmen könnten letztlich eine Kehrtwende einleiten.

 

(Quelle: www.oegb-eu.at)

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