Vom gläsernen Menschen und dem Recht auf Privatsphäre …

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Datenschutz, Gesellschaftspolitik veröffentlicht.

Facebook & Co bieten ein schier grenzenloses Netzwerk und eine unerschöpflich Quelle an Informationen. Wo sind die Grenzen des Sozialnetworks!? Austausch von Daten mit Freunden in Verbindung zu trete, ist eine Sache. Fotos und Texte teilen, die dann auch Freunde von Freunden weiterverbreiten können, ist die andere.

Bin ich noch Herr/Frau über meine Daten, sobald ich diese ins WWW stelle? Wer hat noch Zugriff auf meine Fotos vom letzten Urlaub, von der ausgelassenen Faschingsfeier mit Freunden … etc.? Es ist eine schwierige Sache zu überlegen wo und wie denn überall meine Daten, Texte und Bilder weiterverwendet werden. Ein komplexes Feld von Problemen tut sich auf, wenn solche Fragen gestellt werden.

„Sie überlassen mir ihre Daten. Sie trauen mir. Diese Idioten.“ Dieses Zitat stammt von niemand geringerem als Mark Zuckerberg dem Gründer von Facebook. Diese Aussage sollte zu denken geben.

Wie gläsern bin ich bereits? Wer weiß wie viel von mir? In diesem Zusammenhang ist es aufschlussreich sich selbst zu googeln. Um dabei das eine oder andre Interessante über sich selbst zu entdecken.

„Das Netz vergisst nie“ lautet ein bekannter Satz. Doch wie ist dieser Datenflut zu begegnen, die freiwillig ins Netz gestellt wird – im Hinblick auf Datenschutz und Recht auf Privatsphäre? Es gibt hier durchaus viele Widersprüche zwischen dem, was sich Datenschutz zum Ziel setzt und dem, was viele Menschen an Privatem im Internet von sich preisgeben. Ob und wie sich diese Widersprüche überhaupt auflösen lassen bleibt eine spannenende und offene Frage. Der Eindruck jedenfalls entsteht, dass viele Menschen sehr sorglos mit ihren persönlichen Daten umgehen. Vielleicht ist dabei auch schon ein wenig das Gefühl für sensible Daten und er bewusste Umgang damit verloren gegangen.

Haben wir unsere Privatsphäre schon am Altar von Facebook, Twitter & Co geopfert und gleichzeitig das Recht auf den Schutz unseres höchstpersönlichen Lebensbereiches verloren? Oder gibt es noch Rettung für den Schutz der Privatsphäre? Fragen über Fragen und wo bleiben die Antworten?

Der deutsche Autor und Netzwerkdenker Christian Heller sieht in seinem Buch „Post-Privacy – Prima leben ohne Privatsphäre“ das Thema Datenschutz völlig anders. Er meint: „Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Welt alles von uns wissen kann, was sie will.“[1] Er sieht im Kampf um den Datenschutz ein Rückzugsgefecht und ist der Meinung, dass durch Post – Privacy die Welt solidarischer und intelligenter werden könnte. Heller selbst betreibt eine Wiki-Seite (http://www.plomlompom.de/PlomWiki/plomwiki.php?title=Start), auf der er unter anderem auch seinen Terminkalender veröffentlicht hat und viele Einzelheiten seines Lebens anderen zugänglich macht.

Die Diskussion muss aber noch grundsätzlicher und tiefgreifender geführt werden. Denn wer kann tatsächlich noch sagen, was für ihn selbst privat und was öffentlich ist? Wo bin ich selber privat und wo öffentlich? Und wo liegen die Unterscheidungskriterien? Würde ich meine Einträge auf Facebook auch öffentlich vertreten oder doch lieber nicht? Auf Seiten der User gibt es in Sachen Medienkompetenz gibt es noch jede Menge aufholbedarf.

Die Definition von Privatsphäre und die damit verbundenen Persönlichkeitsrechte sind immer im zeitlichen Kontext  zu betrachten. Man denke nur an die Zeit des Biedermeier Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts, die auch als eine Flucht ins Idyll des Privaten deklariert werden kann. Gleichzeitig wurde versucht, mit polizeistaatlichen Mitteln wie Zensur und Spitzelwesen die politischen Gegner zu bekämpfen. Das sogenannte Metternichsche System kämpfte auch auf diese Weise gegen Veränderungen der sozialen und politischen Ordnung. So wurde unter anderem die Freiheit von Presse und Universitäten massiv eingeschränkt.

In totalitären Systemen (Stalinismus, Nationalsozialismus) kommt dem Begriff des „Privaten“ eine völlige andere Bedeutung zu, als wir sie heute erleben und kennen. So hat das nationalsozialistische System die Frage der Fortpflanzung zu einer Frage des Staates gemacht, was zuvor als privat galt. Der Stalinismus erklärte Privatbesitz zum Diebstahl.[2]

So hat sich im Laufe der Zeit, je nach politischen und gesellschaftlichen Strömungen die Definition von Privatsphäre immer wieder verändert. Letztlich wurde in der Europäischen Menschrechtskonvention von 1950 in Artikel 8 das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens folgendermaßen verankert:

1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz.

(2) Eine Behörde darf in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.

Privat und öffentlich zu unterscheiden ist oft gar nicht so einfach. Ist es sinnvoll mit jedem/jeder Kollegen/Kollegin, ehrenamtlichen Mitarbeiter/Mitarbeiterin auf Facebook verlinkt bzw. befreundet sein? Was, wenn ich eine solche Freundschaftsanfrage ablehne und eine andere nicht?

Sind denn Facebook, Twitter und Co überhaupt noch aus unserem Lebensalltag wegzudenken? Sind die Chancen nicht doch größer als die Gefahren?

Man denke nur an den arabischen Frühling, wo Entscheidendes gerade durch diese Medium bewegt und erreicht wurde; wo sogar Umbrüche stattgefunden haben und autoritäre Regime ausgehebelt wurden. Oder man denke an die Occupy (engl. Besetzt) Bewegung die sich ebenfalls über Social Media organisiert hat. All das funktioniert aber nur wenn auch Persönliches preisgeben wird, wenn Position bezogen wird. Solch eine Öffentlichkeit kann auch helfen, innerhalb weniger Augenblicke seine Meinung zu platzieren und/oder in Diskursen einzusteigen.

Sozial Networks leben also davon, dass Menschen über sich etwas preisgeben und ein Austausch darüber erfolgt. Ein wenig leben sie wohl auch von der Neugierde die jedem und jeder in uns innewohnt. Aber muss ich deshalb gleich Fotos meiner neuen Küche ins Netz stellen, oder reicht einfach auch die Information darüber oder vielleicht braucht es nicht einmal das!?


[1] http://www.falter.at/web/shop/detail.php?id=35862&SESSID=1002f57bb4cdb7858b11505843762bd6 (25.03.2012)

[2] Heller, Christian: Post-Privacy. S 43

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