“Sind die Schulden die Ursache der Krise, oder ist die Krise die Ursache der Schulden? Die Antwort ist anders, als allgemein verbreitet ist: Die Krise hat die Schulden explodieren lassen, das lässt sich empirisch belegen”, sagte Prof. Klaus Busch vom Fachbereich Sozialwissenschaften der Universität Osnabrück. Er meinte in seinem Referat bei der ÖGB/AK-Konferenz heute in Wien, dass Strukturprobleme und Politikversagen Europa an den Abgrund geführt hätten. Die Folge: Die bisherigen europäischen Lösungsansätze haben keine Lösung der Krise gebracht, sondern Rezession in Europa. Notwendig sei ein Paradigmenwechsel in der europäischen Politik in Richtung Wachstumsstrategie, alternative Schuldenfinanzierung sowie Koordinierung der Lohn- und Sozialpolitik.
Als Beispiele für das Politikversagen nannte Busch die Schuldenbremse im Dezember 2011 und hartes Sparen. Es gebe den Euro, aber keine politische Union; eine Geldregierung, aber keine Wirtschaftsregierung. Sparen habe in den Maastricht-Verträgen leider Vorrang vor der notwendigen Wachstumspolitik. “Mit Wachstumspolitik und niedrigen Zinsen können die EU-Länder aus der Krise heraus”, so Busch. Notwendig sei ein Paradigmenwechsel in der europäischen Politik in Richtung Wachstumsstrategie, alternative Schuldenfinanzierung sowie Koordinierung der Lohn- und Sozialpolitik. Busch fordert einen europäischen New Deal für Wachstum und Überwindung des Entwicklungsgefälles in der EU. In den Überschussländern, vor allem in Deutschland, müsse die Binnennachfrage gestärkt werden, konkret durch expansive Lohnpolitik und öffentliche Investitionen. Die hoch verschuldeten EU-Staaten müssten hingegen auf Wachstum statt auf Austerität setzen.
Ein Problem der EU sei die No-bail-out-Regelung in den Maastricht-Verträgen, wegen der jedes Land allein für seine Schulden verantwortlich ist: “Das gibt es in keinem funktionierenden Bundesstaat.” Für die Finanzierung der Staatsschulden in den EU-Ländern regt Busch die Übernahme der Verantwortung für die Schulden der Mitgliedstaaten durch die EU an, Stichwort Transferunion. Busch verlangt außerdem eine europäische Steuerpolitik, mit einheitlichen Bemessungsgrundlagen und gemeinsamen Steuersätzen für Unternehmen. Auch von der Gewerkschaftsbewegung fordert Busch bessere europäische Koordination: “Wir konzentrieren uns als Gewerkschafter zu sehr national auf Probleme”, kritisierte er, “nur, wenn in ganz Europa Gewerkschafter streiken oder demonstrieren, werden wir wahrgenommen.” (Quelle: ögb.at)